Edmund White ist tot Ein Leben für Gleichberechtigung und schwulen Sex; die Community trauert um einen Vorreiter der Gay-Bewegung
Edmund White gilt als einer der wichtigsten zeitgenössischen schwulen Schriftsteller und Dramatiker, Zeitzeuge und Chronist der amerikanischen Gay-Community der letzten Jahrzehnte – im Alter von 85 Jahren ist White nun verstorben, wie sein Agent Bill Clegg heute gegenüber dem britischen Guardian mitteilte.
Ein Leben für die schwule Community
White wurde 1940 in Cincinnati im Bundesstaat Ohio als Sohn eines Industriekaufmanns und einer Kinderpsychologin geboren – die Ehe der Eltern zerbrach und White litt mehrere Jahrzehnte daran, zwischendurch versuchte er auch, seine Homosexualität mittels Therapie „heilen zu lassen“. Trotz einer Zusage für Harvard, zog es White als jungen Mann schlussendlich in den 1960er Jahren zu seinem Liebhaber nach New York City, wo er sich in die entstehende schwule Subkultur stürzte. In seinen 2009 erschienen Lebenserinnerungen „City Boy“ berichtet er von jener Zeit und von vielen sexuellen Abenteuern.
White war auch bei den Stonewall-Unruhen 1969 mit dabei, der Geburtsstunde aller CSDs und Pride-Paraden. Er arbeitete als Redakteur für mehrere Zeitungen, war Herausgeber, unterrichtete in den 1980er Jahren Literatur an der Columbia University School of Arts und förderte über Jahrzehnte hinweg die schwule Literatur in den USA. Mehrere Jahre lang leitete er um die Jahrtausendwende herum an der Princeton Universität das Studienfach Kreatives Schreiben. Die meiste Zeit lebte White in den USA, verbrachte aber auch einige Jahre in Rom und Paris. Zahlreiche heute aktuelle, schwule Autoren beziehen sich auf ihn, zudem wurden mehrere queere Literaturpreise nach White benannt.
Die Freude an schwulem Sex
Zu seinen bekanntesten Werken gehören neben „City Boy“ das, in den 70er Jahren als bahnbrechend gefeierte Werk „The Joy of Gay Sex“, „The Married Man“ und „A Boy's Own Story“ sowie die zwei Folgewerke der Trilogie. In all seinen Romanen verarbeitete er sein eigenes Leben und schrieb über schwule Männer und sexuelle Freiheit. Berühmt wurde White auch für seine Biografien über Marcel Proust, Arthur Rimbaud und Jean Genet, wofür er mit dem Pulitzer-Preis ausgezeichnet worden war. Insgesamt verfasste White mehr als 30 Bücher. Zuletzt veröffentlichte er im Januar diese Jahres „The Loves of My Life“, eine Erzählung über sein ausschweifendes Sexleben.
In seinem jungen Jahren habe er dabei über zwanzig Jahre lang mit mindestens drei Männer pro Woche Sex gehabt, so White über sein Leben in New York: „Ich hielt es für ganz normal, um zwei Uhr morgens eine Schreibpause einzulegen, zu den Piers hinunterzuschlendern und mit 20 Männern in einem Lastwagen Sex zu haben. Als ich schrieb, dass ich im Laufe der Jahre mit 3.000 Männern Sex gehabt hatte, fragte einer meiner Zeitgenossen mitleidig: 'Warum so wenige?'"
Er selbst bezeichnete sich als „Überlebender“, nachdem er seit 1985 von seiner HIV-Diagnose wusste – die meisten seiner damaligen Freunde starben in jungen Jahren an der Krankheit. „Ich war nicht überrascht von der Diagnose, aber ich war sehr bedrückt damals. Ich habe mir die Decke über den Kopf gezogen und gedacht: ‚Oh je, in ein oder zwei Jahren bin ich tot‘. Es stellte sich heraus, dass es bei mir langsam fortschritt.“ Im Jahr 2013 heirate er seinen Partner Michael Carroll, mit dem er bis zu seinem Lebensende zusammenblieb – die beiden Männer waren über 30 Jahre lang ein Paar.