Direkt zum Inhalt
Social-Media in Brasilien
Rubrik

Social-Media in Brasilien Community befürchtet künftig Einschränkungen bei LGBTIQ+-Themen

ms - 12.06.2025 - 10:00 Uhr
Loading audio player...

Der Oberste Gerichtshof in Brasilien hat beschlossen, dass Social-Media-Plattformen für die Inhalte ihrer Nutzer haftbar gemacht werden können, insbesondere, wenn es sich dabei um illegale Inhalte handelt – die queere Community blickt mit Skepsis auf das Urteil und befürchtet künftig Zensur in den digitalen Medien, die für viele LGBTIQ+-Menschen im Land bis heute ein wesentlicher Bestandteil sind, um mit Gleichgesinnten zu kommunizieren. 

Wer entscheidet, was gefährlich ist?

Ebenso mit Bedenken blicken kreative queere Content-Creator in Brasilien auf die jüngsten Entwicklungen, dabei steht die Frage im Raum, was künftig als illegal oder zum Beispiel jugendgefährdend eingestuft wird – sind Informationen über schwules, lesbisches oder queeres Leben mitunter bereits eine Gefahr für die Jugend? Oder offene Diskussionen und Angebote zum Thema Sexualität oder auch HIV-Prävention? Die offene Frage ist, wer künftig darüber entscheidet, was konkret verboten werden soll – und was nicht.

Brasilien hat eine sehr wechselhafte Geschichte mit Blick auf die Community, zwar gab es zuletzt mehr Schutzrechte für LGBTIQ+-Menschen und erste Siege vor Gericht, eine gleichgeschlechtliche Ehe gibt es allerdings trotz massiven Kämpfen bis heute nicht – und noch immer ist die Homophobie im Land stark ausgeprägt, inklusive einer extrem hohen Mordrate an Homosexuellen und trans* Personen, die zuletzt binnen eines Jahres um 41 Prozent angestiegen ist. Offiziell gab es im Land 2024 über 4.000 Angriffe auf LGBTIQ+-Menschen – es wir davon ausgegangen, dass weniger als zehn Prozent der Attacken überhaupt gemeldet werden. Die Skepsis über eine mögliche Einschränkung eines der wichtigsten Kommunikationsmöglichkeiten der Community im Land ist also durchaus verständlich. 

Gefahr für die Meinungsfreiheit?

Gänzlich offen ist auch noch, wie eine Haftbarmachung tatsächlich umgesetzt werden soll – angedacht sind derzeit Geldstrafen für die Social-Media-Anbieter, allen voran für Meta inklusive Instagram und X. Brasilien betritt damit auch juristisch Neuland, bisher konnten Anbieter nur bei eindeutig gefährlichen Inhalten nach gerichtlichem Beschluss dazu aufgefordert werden, Content zu löschen. 

Trotz Mehrheitsbeschluss der Richter könnte der brasilianische Kongress allerdings mit einem neuen Gesetz die Maßnahme möglicherweise rückgängig machen – ob das aber wirklich geschieht, ist offen. Auch jenseits der queeren Community wurde die Kritik zuletzt lauter und betont, dass mit dem Beschluss des Obersten Gerichtshofs die freie Meinungsäußerung bedroht sei. In der Praxis würden Plattformen dann präventiv alle Inhalte vorab bereits löschen, die möglicherweise problematisch werden könnten – auch dieses Verhalten könnte eine Gefahr für LGBTIQ+ werden. Die Social-Media-Unternehmen betonten zuletzt ebenso, dass die Regulierungen die Meinungsfreiheit gefährden würden. 

ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE
ANZEIGE

Auch Interessant

Debatte über soziale Medien

Jugendverbot auch in Deutschland?

Sollen soziale Medien für Jugendliche unter 16 Jahren verboten werden? Darüber wird heftig diskutiert, die queere Community befürchtert Zensur.
Mehr Hass bei Meta?

Verstärkt Angriffe auf LGBTIQ+

Gab es seit Januar dieses Jahres mehr Angriffe gegen LGBTIQ+ bei Facebook und Instagram? Ein queerer US-Verein und Meta sind sich da uneins.
Kehrtwende in Australien

Ende des schwulen Blutspendeverbots

Australien beendet das Verbot von Blut- und Plasmaspenden für Schwule und trans* Menschen und schafft Gleichberechtigung im Gesundheitsbereich.
Austin Wolf ist schuldig

Schuldeingeständnis vor Gericht

Der einstmals beliebte Adultdarsteller Austin Wolf bekennt sich vor Gericht schuldig, Kinderpornografie besessen und geteilt zu haben.
Langer Kampf in Kolumbien

Neuer Anlauf bei „Homo-Heilungen“

Bereits drei Mal scheiterte ein Verbot von Konversionstherapien in Kolumbien, stets durch christliche Hetze. Im vierten Anlauf soll es jetzt klappen.
Neuer Fall am Supreme Court

LGBTIQ+-Bücher an US-Schulen

Brisanter Fall vor dem Supreme Court: Müssen Lehrer immerzu Eltern um Erlaubnis fragen, wenn sie LGBTIQ+ im Unterricht thematisieren?
Hoffnungsfunken in Polen

Anfechtung der Präsidenten-Wahl

Donnerschlag in Polen: Der LGBTIQ+-freundliche Verlierer der Präsidentenwahl Rafał Trzaskowski fechtet nach Unregelmäßigkeiten die Wahl an.
Streit um Budapest Pride

Rückendeckung vom Bürgermeister

Der Bürgermeister von Budapest hat sich jetzt trotz Regierungsverbot für den Pride Ende Juni ausgesprochen, dies sei eine "städtische Veranstaltung".
CSD-Parade Regensburg abgesagt

Keine Demo durch die Altstadt

Aufgrund einer „abstrakten Bedrohungslage“ und massiven Drohnungen wurde die Pride-Parade durch die Altstadt beim CSD Regensburg jetzt abgesagt.